Jobsharing auf Führungsebene? Das geht!

Jobsharing Deutsche Bahn Beitrag

Sich einen Job als Führungskraft teilen? Das ist in Deutschland eine Seltenheit. Zu Unrecht, finden Carola Garbe (56) und Catherine Marie Koffnit (45). Die beiden machen bei der Deutsche Bahn vor, wie es gehen kann: Sie leiten in Jobsharing den HR Regionalbereich Ost bei der DB Netz AG und sind gemeinsam für 4.800 Beschäftigte verantwortlich.

Frau Garbe, Sie haben in einem Interview gesagt „Jobsharing ist wie eine Ehe“. Was meinten Sie damit?

Wir müssen routiniert und gewissenhaft besprechen, was jung Verliebte zu Beginn eher ausklammern: Welche wichtigen Themen stehen auf der To-do-Liste und wie gehen wir mit Themen um, bei denen wir nicht gleicher Meinung sind? Was machen wir, wenn Beschäftigte uns gegeneinander ausspielen wollen? Gab es Zwischentöne in Meetings, die die Andere kennen sollte?  Wir haben ein Jahr gebraucht, um das Jobsharing strategisch und kommunikativ richtig aufzusetzen.

Frau Koffnit, Sie beide teilen sich den Job nicht 50:50, sondern arbeiten abwechselnd wochenweise jeweils zu 60 Prozent – warum haben Sie dieses Modell gewählt?

Genau wegen dieser Fragen, die wir wöchentlich miteinander klären müssen. Um auf den gleichen Wissensstand zu kommen, brauchen wir einen gemeinsamen Tag im Büro, bei uns ist es der Montag. Dann gehe ich beispielsweise Dienstag bis Freitag meinem Privatleben nach und Carola übernimmt. In der Folgewoche tauschen wir. Klar ist: Sie müssen in der Lage sein, zu vertrauen und Macht abgeben zu können. Carola übernimmt in ihrer Arbeitswoche ja womöglich Termine beim Vorstand, die ich vorbereitet habe, und muss sich auf diese Vorbereitungen verlassen. Und ich muss damit klarkommen, wenn sie für meine Vorbereitung die Lorbeeren alleine erntet. Für dringende Abstimmungen sind wir zudem auch an unseren vier freien Tagen erreichbar. Das ist der Deal zwischen uns. Und er funktioniert wunderbar.

 

Welche Vorteile sehen Sie beide in dem Modell des Jobsharings – privat und beruflich?

Garbe: Privat erkaufen wir uns mehr Lebenszeit mit unseren Familien. Wir haben ein echtes Privatleben, in dem auch Platz für Hobbys ist. Beruflich habe ich natürlich Entlastung und eine Partnerin in Crime (lacht). Im Ernst: Wir haben gegenseitig immer einen eigenen Coach, wir haben immer die Andere, die uns ehrliches Feedback gibt. Wo haben sie das in dieser Position? Mir gibt das im Alltag mehr Mut in meinen Entscheidungen und dadurch mehr Freiheit.

Koffnit: „Mehr private Zeit ist für mich das wichtigste Stichwort“. Carola hatte unsere jetzige Position schon seit sechs Jahren inne. Ich kam 2015 in der Position ihrer Stellvertreterin dazu. 2016 war für uns beide ein hartes Jahr, mit einigen Todesfällen in unserem Umfeld und vielen Ausfällen im Team. Am Ende des Jahres haben wir uns gefragt: Wollen wir so hochtourig weiterarbeiten? In Teilzeit zu wechseln ist auf unserer Ebene schwierig. Wir hätten einen Schritt zurückgehen müssen, was keine von uns wollte. So kamen wir auf die Idee, uns die Position zu teilen. Und beruflich gehen wir sehr offen miteinander um und reflektieren Entscheidungen miteinander. Das gilt auch für unseren Führungsstil. Das ist ein großer Gewinn für uns, aber auch für unser Team und für unseren Arbeitgeber. 

Liebe Frau Garbe, liebe Frau Koffnit – vielen Dank für das Interview!

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