Was passiert, wenn ich meinen Chef in sozialen Netzen beleidige?

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Bekanntermaßen kann ein Arbeitgeber jene Mitarbeiter, die Vorgesetzte beleidigen, abmahnen und in schweren Fällen auch fristlos kündigen.

… Bestimmte Äußerungen oder Verhaltensweisen können also – je nach Umfeld – schwere Beleidigungen oder nur der rauhe Umgangston unter Kollegen sein.

Besondere Aufmerksamkeit sollten Arbeitnehmer aber nicht nur bei ihrer Wortwahl und ihrem Verhalten im Betrieb, sondern auch im privaten Umfeld walten lassen. Das gilt speziell für die augenscheinlich private Kommunikation auf sozialen Netzwerken. Dort wird unter dem Schutz vermeintlicher Anonymität deutlich heftiger „vom Leder gezogen“, als man dies in einem persönlichen Gespräch getan hätte. Häufig fehlt hier jegliches Bewusstsein für das eigene Fehlverhalten gegenüber dem Arbeitgeber, da die Möglichkeiten der Kommunikation durch Emoticons oder die hohe Zahl an beteiligten Personen deutlich vielfältiger sind.

 

So hat das LAG Baden-Württemberg (4 Sa 5/16) kürzlich entschieden, dass die Beleidigung von Vorgesetzten in der Kommentarfunktion der Facebook-Chronik eines Arbeitskollegen mittels Emoticons nicht nur eine Abmahnung, sondern bei einer besonders schweren Beleidigung auch die fristlose Kündigung rechtfertigen kann. In diesem Fall war ein Mitarbeiter aufgrund eines Arbeitsunfalls für sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt und postete seine Verletzung mit dem Hinweis auf „6 Wochen gelben Urlaubsschein“ in seiner Facebookchronik. Ein Kollege nahm dies zum Anlass, diesen Eintrag zu kommentieren, etwa mit der Äußerung „Das Fette Schwein dreht durch!!!“, wobei das „Schwein“ als Emoticon-Symbol dargestellt war. Obwohl der Produktionsleiter, der Vorgesetzte dieses Mitarbeiters, nicht namentlich angesprochen war, ergab sich aus dem Zusammenhang und den weiteren Umständen, dass dieser damit gemeint war. Mit einem weiteren Kommentar bezeichnete dieser Mitarbeiter auch noch seinen Abteilungsleiter als „Bärenkopf“, wobei er den „Bären“ wiederum als Emoticon darstellte.

Der Arbeitgeber nahm diese Äußerungen zum Anlass, dem Mitarbeiter fristlos zu kündigen. Zu Unrecht. Das LAG wertete diese Äußerungen zwar als schwere Beleidigungen. Dabei konnte sich der Mitarbeiter nicht darauf zurückziehen, dass es sich um Äußerungen im privaten Umfeld handelte. Deshalb stellten diese Äußerungen laut LAG eine arbeitgeberseitig sanktionierbare Pflichtverletzung dar. Doch angesichts des über Jahre ungestörten Arbeitsverhältnisses hielten die Richter eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung für unverhältnismäßig.

Doris-Maria Schuster ist Partnerin der Kanzlei Gleiss Lutz in Frankfurt.

 

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