War for Talents: Fachkräftemangel und Kampf um Nachwuchstalente

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Unternehmen in Deutschland haben es zunehmend schwer, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Das gilt insbesondere für Branchen wie Ingenieurwesen und Informatik. Unter dem Begriff War for Talents wird das Phänomen des Fachkräftemangels zusammengefasst. Doch was versteht man unter War for Talents?

War for Talents: Die Definition

Der Begriff ‚War for Talents‘ wurde zum ersten Mal im Jahr 1997 in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company verwendet: Der Autor Steven Hankin beschreibt mit dem Schlagwort War for Talents die zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen, geeignetes qualifiziertes Personal zu finden. Um freie Stellen passend zu besetzen, fände ein Kampf zwischen den Unternehmen um die besten Nachwuchskräfte, die sogenannten High Potentials, statt. Diese Entwicklung zu einem Fachkräfte-Engpass oder sogar einem Fachkräfte-Mangel hat inzwischen auch Deutschland erreicht. Er betrifft insbesondere die MINT-Berufe in den Bereichen Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften, Technik sowie das Gesundheitswesen.

Gründe für den Mangel an hoch qualifizierten Nachwuchskräften

Die Ursachen des War for Talents sind vielschichtig und ganz unterschiedlicher Natur:

Der demografische Wandel

Die geburtenstarken Jahrgänge sind bereits oder gehen in Rente. Ab Mitte/Ende der 1960er Jahre sanken die Geburtenraten sowohl in der BRD als auch in der DDR rapide und stabilisierten sich auf einem sehr niedrigen Niveau von unter 1,5 Kindern je Frau. Erst seit dem Jahr 2009 steigt die Geburtenrate wieder leicht an. Die niedrigen Geburtenraten der vergangenen Jahrzehnte führen zwangsläufig zu einem Fachkräftemangel: Es gibt weniger Absolventen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Zu wenig Absolventen in den MINT-Berufen

Trotz intensiver Bemühungen die Studenten- und Azubi-Zahlen in den naturwissenschaftlichen und technischen Berufsfeldern zu steigern, gibt es immer noch zu wenig qualifizierte junge Nachwuchskräfte. Zwar entschieden sich im Jahr 2017 40 Prozent der Studienanfänger für ein MINT-Fach, doch nach Aussagen des Vereins Deutscher Ingenieure ist dieser Anstieg immer noch nicht ausreichend, um den Fachkräftemangel in diesem Bereich zu beheben. Trotz starken Werbens ist insbesondere der Frauenanteil in diesen Fächern noch viel zu gering.

Der zunehmende globalisierte Wettbewerb

Viele High Potentials sind heute flexibel und auch bereit, für einen attraktiven Job ins Ausland zu gehen. So buhlen die Unternehmen nicht nur mit deutschen, sondern zunehmend auch mit internationalen Arbeitgebern um die besten Talente.

Der Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitskräften steigt

Während freie Stellen für geringer qualifizierte Arbeitskräfte immer weniger werden, steigt der Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitnehmern stetig: Nachwuchskräfte benötigen nicht nur sehr spezifisches Wissen, sondern müssen sich auch stetig weiterbilden, um mit den rasanten digitalen und technologischen Entwicklungen Schritt halten zu können.

Wertewandel in der Gesellschaft

Mehr Zeit für die Familie, flexible Arbeitszeitmodelle, eine ausgewogene Work-Life-Balance – das wünschen sich die meisten Nachwuchskräfte heute. Auf die geänderten Ansprüche der jüngeren Generationen reagieren viele Unternehmen nur schwerfällig, entsprechend schwer ist es für sie, motivierte Mitarbeiter zu finden.

 

Auswirkungen des War for Talents

Während der War for Talents für Unternehmen zu einem Risikofaktor und einem äußerst wichtigen Produktionsfaktor geworden ist, profitieren Nachwuchs- und Fachkräfte von dieser Entwicklung. Die Chancen für Absolventen auf dem Arbeitsmarkt steigen: Qualifizierte Nachwuchskräfte haben es heute leichter einen Job zu finden, da das Angebot an Stellen größer und die Konkurrenz geringer ist als noch vor einem Jahrzehnt. Unternehmen hingegen müssen sich zunehmend stärker um Mitarbeiter bemühen: Die Zeiten, in denen sich die Recruiter die Rosinen aus dem Bewerberpool herauspicken konnten, sind vorbei. Um qualifiziertes Fachpersonal einzustellen und vor allem auch in einem Unternehmen zu halten, müssen die Betriebe ihren Young Professionals einiges bieten: Neben einem attraktiven Gehalt und Benefits stehen flexible Arbeitszeitmodelle und Fortbildungsmöglichkeiten ganz oben auf der Wunschliste junger Fachkräfte.

Was kann der Staat gegen den War für Talents unternehmen?

Nicht nur die Unternehmen müssen auf den Fachkräftemangel reagieren, sondern auch der Staat, denn er ist für die Rahmenbedingungen verantwortlich. Zu den Maßnahmen, die dem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken können, zählen:
• Investitionen in Bildung
• Ausbau der Kinder-Betreuungsanbote
• Flexible Modelle zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit
• Frauenförderung
• Zuwanderung von Fachkräften steuern
• Steuerliche Anreize für die Aufnahme einer Beschäftigung schaffen

Der War for Talents ist damit eine der großen Herausforderungen der Gesellschaft. Er wird den Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten, prägen.

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