Der Fachkräftemangel stellt Unternehmen vor große Herausforderungen

Laut Statistik gibt es in Deutschland mehr Arbeitslose als offene Stellen. Dennoch leidet das wirtschaftliche Wachstum in einigen Branchen an fehlendem Personal. Qualifizierte Fachkräfte gehen in Rente und haben wenige junge Nachfolger: Der Fachkräftemangel wirkt sich etwa in Gesundheits- und Pflegeberufen sowie in technischen Berufsfeldern fatal aus. Die Unternehmen müssen Aufträge ablehnen und der Konkurrenz den Markt überlassen. Die Werbung um Fachkräfte mit Berufserfahrung erfordert einfallsreiche Maßnahmen und höhere Investitionen.

Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern bremst Unternehmen aus

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat Ende 2017 nahezu 1,1 Millionen freie Stellen in deutschen Betrieben ermittelt. Gleichzeitig waren rund 2,4 Millionen Erwerbstätige arbeitslos gemeldet. Die Arbeitssuchenden erfüllen jedoch häufig die Anforderungen für offene Stellen nicht. Vor allem mittelständische Unternehmen und bestimmte Branchen klagen über einen Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

Was bedeutet Fachkräftemangel?

Fachkräfte sind Erwerbsfähige mit einer akademischen Ausbildung oder einer Berufsausbildung von mindestens zwei Jahren. Wenn das Angebot für entsprechende Stellen langfristig und flächendeckend die Anzahl qualifizierter Bewerber übersteigt, gilt dies als Fachkräftemangel. Ein Fachkräfteengpass beschreibt hingegen die vorübergehende und auf bestimmte Berufsgruppen, Branchen oder Regionen beschränkte Knappheit an geeigneten Fachkräften.

Welche Branchen benötigen mehr Fachkräfte?

Die Bundesagentur für Arbeit untersucht halbjährlich die Fachkräftesituation in Deutschland. Sie erforscht die Besetzungsschwierigkeiten in unterschiedlichen Branchen im Bundesgebiet. Einen branchenübergreifenden Fachkräftemangel im gesamten Bundesgebiet stellt diese Analyse aktuell nicht fest. Allerdings gibt es Engpässe in einzelnen technischen Berufsfeldern, in Bauberufen sowie in einigen Gesundheits- und Pflegeberufen. Darüber hinaus verzeichnet die Bundesagentur für Arbeit eine Unterbesetzung bei Fahrlehrern, Friseurmeistern und Fahrzeugführern im Eisenbahnverkehr. In der Gesundheits- und Krankenpflege, der Geburtshilfe und dem Rettungsdienst zeigt sich ein branchenspezifischer Fachkräftemangel in der Pflege. Laut dem Deutschen Pflegerat waren allein in Krankenhäusern rund 100.000 Stellen für Pflegefachkräfte unbesetzt. Die Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit weist vor allem in der Altenpflege einen flächendeckenden Fachkräftemangel im gesamten Bundesgebiet auf. Der Fachkräftemangel in der IT-Branche (Informationstechnik zur elektronischen Datenverarbeitung) ist in Deutschland mittlerweile abgeklungen. Laut IT-Branchenverband Bitkom gab es Ende 2017 rund 55.000 offene Stellen. Fachkräfteengpässe gibt es vorrangig bei Arbeitsplätzen für Software-Entwickler, IT-Berater und Administratoren. Einen Fachkräftemangel beklagt auch die Ingenieurbranche nicht mehr. Allerdings suchen Unternehmen geeignete Ingenieure für spezielle Fachrichtungen. 2017 blieben daher im gesamten Ingenieurwesen mehr als 81.000 freie Stellen unbesetzt. Qualifizierte Ingenieure fehlen vor allem in der Automatisierungstechnik, im Bauingenieurwesen, in der Versorgungstechnik, der Elektroindustrie, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Fahrzeugindustrie sowie in der Metall- und Schweißtechnik.

 

Welche Ursachen hat der Fachkräftemangel?

Für einen Fachkräftemangel gibt es unterschiedliche Ursachen:

  • Ein Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt kommt durch allgemeine demografische Entwicklungen zustande. Bei einer Überalterung der Gesellschaft scheiden deutlich mehr Fachkräfte altersbedingt aus dem Berufsleben aus, als junge Leute im erwerbsfähigen Alter verfügbar sind.
  • Technologieschübe führen zu einem sprunghaft ansteigenden Bedarf an spezialisierten Fachkräften. Auch ein Wirtschaftsaufschwung erhöht das Angebot neuer Arbeitsplätze mit bestimmten Qualifikationsanforderungen.
  • Mit dem wachsenden internationalen Wettbewerb, anderem Konsumverhalten und der Digitalisierung in nahezu allen Wirtschaftsbereichen verändert sich die Bedeutung mancher Berufe. Während die Nachfrage in einigen Branchen sinkt, fehlen in anderen Bereichen gefragte Fachkräfte.
  • Schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Gehälter in verschiedenen Berufszweigen verringern die Attraktivität der Arbeitsplätze.
  • Starke Schwankungen erzeugt die Anzahl der Absolventen bestimmter Studiengänge oder Ausbildungsberufe.
  • Mittelständische Unternehmen leiden häufiger unter einem Fachkräftemangel als große Konzerne. Sie verfügen über geringere finanzielle Mittel und sind bei potenziellen Mitarbeitern weniger bekannt.

Wie wirkt sich der Fachkräftemangel aus?

Ein anhaltender Fachkräftemangel kann gravierende Folgen haben. 2017 benötigten beispielsweise Alten- und Pflegeheime durchschnittlich 167 Tage für die Besetzung einer Stelle. In technischen Berufen suchten Betriebe rund 156 Tage nach geeigneten Fachkräften. Fehlende Spezialisten bremsen aber das wirtschaftliche Wachstum.
Unternehmen müssen Aufträge ablehnen, wenn das geeignete Personal fehlt. Das führt langfristig zu Umsatzeinbußen, weil die Kundschaft häufig zur Konkurrenz wechselt. Alternativ steht die vorhandene Belegschaft unter erhöhtem Leistungsdruck. Regelmäßige Überstunden zur Aufgabenerfüllung fördern jedoch die Unzufriedenheit der Mitarbeiter und steigern die Ausfallquote überlasteter Arbeitnehmer.
Umworbene Fachkräfte mit Berufserfahrung haben ihren Preis: Als Anreiz bieten Arbeitgeber daher Gehälter mit zehn bis 20 Prozent über der üblichen Vergütung. Das belastet den Etat und verringert die Wettbewerbsfähigkeit der weniger zahlungskräftigen Unternehmen. Darüber hinaus schüren Gehaltsunterschiede einen Konflikt mit der Stammbelegschaft. Ein generell erhöhtes Vergütungssystem kann sich allerdings nicht jeder Betrieb leisten.

Was können Firmenchefs gegen den Fachkräftemangel unternehmen?

Auf den Fachkräftemangel müssen Unternehmen reagieren:

  • Die Umschulung oder Weiterbildung der Stammbelegschaft und die Ausbildung von Nachwuchskräften vermitteln die notwendigen Qualifikationen.
  • Die überregionale Stellenausschreibung für qualifizierte Mitarbeiter vergrößert den Suchradius. Die Mitarbeiterakquise weitet sich bei entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf das Ausland aus.
  • Mit Informationsveranstaltungen an Schulen, auf Jobmessen und mit Karriereseiten im Internet vergrößern Unternehmen ihren Bekanntheitsgrad.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle sind für Familienväter und –mütter oder für ältere Berufstätige attraktiv.
  • Verringerte Produktionen oder Dienstleistungsangebote sind lediglich vorübergehend empfehlenswert. Wirtschaftliches Wachstum erreichen Unternehmer eher durch optimierte Arbeitsprozesse oder die finanzierbare Auslagerung an externe Zulieferer beziehungsweise Dienstleister.
Empfohlene Artikel