Gender Pay Gap: So viel weniger verdienen Frauen

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – nicht so simpel, wie es klingt. Auch heute ist die Gender Pay Gap in Deutschland noch groß. Also die Lohnlücke zwischen dem, welche Vergütung ein Mann und eine Frau jeweils für dieselbe Arbeit erhält. Denn aktuell verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt nämlich gut 18 Prozent weniger. Wobei sich diese Lücke durch alle Branchen, alle Hierarchieebenen und alle Regionen zieht. Als wäre es nicht Herausforderung genug, wenn Frauen aufgrund der theoretischen Möglichkeit einer Schwangerschaft eine Absage für ihre Bewerbung erhalten, müssen sie bei einer Einstellung auch mit einem geringeren Gehaltsangebot rechnen. Trotz guter Leistung werden sie bei Beförderungen oft übergangen und müssen viel mehr leisten, um sich zu beweisen. Jedoch ist die Gender Pay Gap heute immer noch groß.

Gender Pay Gap bei Angestellten

Frauen und Männer sind durchaus verschieden – doch gleich genug, um gleiche Chancen, gleiche Bedingungen und das gleiche Gehalt in der Arbeitswelt zu verdienen. Leider sieht die Realität oft anders aus, denn an Gesetzen und gesundem Menschenverstand scheinen Wege vorbeizuführen. Die geschlechtsspezifische Lohnlücke ist so ein fester Bestandteil der Gegenwart, dass sich dafür sogar ein Anglizismus etablieren konnte: Gender Pay Gap. Dabei gehört sie so gar nicht in eine moderne, faire Arbeitswelt. Jedoch ist die Lohndiskriminierung weiblich gelesener Personen darin begründet, dass sie vor allem aufgrund von Mutterschaft häufiger in Teilzeit arbeiten, seltener in Führungsebenen aufsteigen und häufiger in sozialen Berufen mit geringem Verdienst arbeiten. Doch sie werden auch schlechter bezahlt als männliche Kollegen, wenn sie dieselbe Tätigkeit ausüben. Vorausgesetzt sind gleiche Qualifikation, Erfahrung, Branche, Stelle und gleiches Arbeitszeitmodell.

Aber gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Doch davon sind wir noch weit entfernt. Denn das Statistische Bundesamt beziffert die Lohnlücke aktuell mit 18 Prozent. Aber die Tendenz des Verdienstabstands ist bisher fallend und bereinigt um sogenannte arbeitsmarktrelevante Eigenschaften nur noch bei 6 Prozent. Laut einer optimistischen Studie könnte man die Gender-Pay-Gap also vielleicht in 100 Jahren schließen.

Bessere Aussichten gibt es bei der Elternzeit, die immerhin progressive 34 Prozent der Väter im Laufe des Lebens ihres Kindes in Anspruch nehmen, Tendenz gleichzeitig mit zunehmender sozialer Akzeptanz steigend. Entgegen der Angst, Karrierechancen zu verpassen, gewinnen Väter durch diesen zeitgemäßen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit immerhin auch wertvolle Zeit mit dem Nachwuchs und Mütter können sich derweil endlich auch im Beruf verwirklichen – eine klassische Win-win-Situation.

Frauenquote

Obwohl der Beschäftigungsstand der erwerbsfähigen Frauen hierzulande sehr hoch ist, sind die Karrierechancen es meist nicht. Zumal nach der Einführung der gesetzlichen Frauenquote immer noch nur 8,3 Prozent der Vorstände in Deutschlands 200 größten Unter­nehmen weiblich sind. Es wird an ihrer Eignung gezweifelt oder es wird suggeriert, sie hätten ihre Stelle allein aufgrund der Quote inne. Individuelle Förderung von Potentialträgerinnen und gezielte Talententwicklung sind trotzdem eher Ausnahmeprogramme. Gut, dass einige Unternehmen als gute Vorbilder vorangehen und sich innerhalb der eigenen Belegschaft für Gleichberechtigung einsetzen. Die Initiative Chefsache zum Beispiel ist ein Netz­werk aus unter anderem Geschäfts­führungs­mit­gliedern und Vorständen. Einst unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel, die Konzepte zur bundesweiten Förderung eines aus­gewogenen Geschlechterverhältnisses in Führungs­positionen erarbeitet.

Gender Pay Gap bei selbstständigen Frauen

In Deutschland ist der Anteil an Männern unter allen Selbstständigen fast doppelt so hoch wie der an Frauen. Das verwundert kaum, wenn man einmal betrachtet, wie groß der Verdienstunterschied zwischen selbstständigen Männern und Frauen ist. Die Studie (Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. und der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 stützt sich unter anderem auf die Einkommenssteuerstatistik. Sie zeigt auf, dass Frauen in der Selbstständigkeit fast 44 Prozent weniger Einkommen verzeichnen können als Männer. Damit ist die Einkommenslücke hier doppelt so groß wie unter Angestellten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Beiträge zu den Sozialversicherungen für Frauen deutlich höher sind. Schließlich verspricht eine Selbstständigkeit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weshalb sich viele Mütter entscheiden, selbst zu gründen.

Doch gerade wenn sie keinen Partner haben, der die Hauptverantwortung für Haushalt und Kinder übernehmen kann bedeutet diese Aufgabe auch, dass Frauen weniger Stunden in ihre Selbstständigkeit investieren können. Im Schnitt neun Stunden weniger als männliche Selbstständige. Das dadurch selbstredend geringe Nettoeinkommen von Selbstständigen unterliegt dann der überproportional hohen Belastung von Geringverdienern durch ihre Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Unterm Strich bleibt also wieder weniger übrig, denn die Steuern und Abgaben kommen so auf bis zu 60 Prozent.

 

Gender- und Sexuality Pay Gap

Die Lohnlücke betrifft natürlich nicht nur Frauen und alle weiblich gelesenen Personen, sondern FLINTA*. Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen. So lässt sich zusammenfassen: Alle Arbeitnehmer, die queer sind oder nicht der Cisheteronormativität entsprechen, haben es heute wirklich schwer und sehen sich mit den Lohnunterschieden und schwierigeren Möglichkeiten konfrontiert, im Job aufzusteigen oder teilweise überhaupt einen zu finden. LGBTQI* Menschen (lesbian, gay, bisexual, trans, queer und inter) in Deutschland haben im Schnitt eine bessere Schulbildung als cis und heterosexuelle Menschen. Dennoch erfahren rund 30 Prozent im Arbeitsleben laut DIW mindestens einmal Diskriminierung, nicht nur beim Gehalt.

Gehalt für LGBTQI* Personen

Mindestens ein Drittel der LGBTQI* Personen ist bei der Arbeit nicht geoutet. Manche Attribute werden bei der Arbeit vielleicht also gar nicht erst bekannt. Dennoch sollte jede Person offen zum Beispiel darüber sprechen dürfen, ob sie in einer Partnerschaft ist und mit wem. Und das ohne um ihr Gehalt oder ihre Stelle fürchten zu müssen. Doch in der Realität besteht weiterhin auch eine Sexuality Pay Gap. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin zeigt auf, dass homosexuelle Männer bei gleicher Qualifikation, Stellung im Beruf, Berufserfahrung, Branche und gleichem Arbeitszeitmodell für eine Tätigkeit bis zu 12 Prozent weniger verdienen als ihre heterosexuellen Kollegen. So ist der Verdienstunterschied nicht nur geschlechterspezifisch.

Allerdings könnte der Prozentsatz noch höher liegen, denn viele homosexuelle Personen leisten Überstunden, um die Unterbezahlung oder die geringere Wertschätzung auszugleichen. Das geht jedoch nicht direkt aus ihren Jahreseinkünften hervor. Denn Homosexuelle Frauen und Männer verdienen laut dieser Studie ungefähr gleich viel. Das ist natürlich nicht die Gleichbehandlung, die man sich wünscht. Auch Heterosexuelle Frauen erhielten in dieser Studie tatsächlich noch etwas weniger. Klar ist, dass sich diese Situation ändern muss. Wobei jedes Unternehmen Gleichstellungsmaßnahmen umsetzen kann und so ein Arbeitsklima schafft, in dem Vielfalt eine Stärke ist, in dem alle gern arbeiten und alle auch fair bezahlt werden. Viele Bücher mit Maßnahmen und Hilfe zu ihrem Einsatz finden Sie online.

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