So werden Sie Chefarzt
Die Karriere im Arztberuf ist vielversprechend. Doch die Karriereleiter ist ganz schön lang und hält viele Sprossen für Sie bereit, die Sie erklimmen müssen. Allein das Medizinstudium beginnt direkt mit einer großen Herausforderung: Nämlich, dafür zugelassen zu werden. Numerus Clausus und begrenzte Studienplätze verlangen Ihnen gute Noten, aber vor allem auch viel Geduld und Glück während der Wartezeit ab. Wer diese Hürde überwindet und das Studium erfolgreich abschließt, kann die Karriereleiter emporsteigen – und natürlich hohes Ansehen und hohe Gehälter erwarten. Wer sich schließlich Oberarzt oder sogar Chefarzt nennen kann, der darf wirklich stolz auf sich sein. Hippokrates meinte einst: In der ärztlichen Kunst steckt keine Kraft, die übernatürlich wäre. Doch wenn man sich einmal anschaut, was Ärztinnen und Ärzte für ihre Ausbildung und jeden Tag aufs Neue in ihrem Alltag leisten, muss man diesen Satz stark bezweifeln. Wie auch Sie in fünf Schritten Chefarzt werden können.
In 5 Schritten Chefarzt werden
1. Medizinstudium (6 Jahre)
Um Chefarzt zu werden, müssen Sie erst alle vorausgehenden Stufen der Arztkarriere erfolgreich absolvieren. Die vielleicht schwierigste ist es, erst einmal einen Platz für das Medizinstudium zu erhalten. Ihre Gegner heißen dabei beschränkte Studienplätze an den Hochschulen und Numerus Clausus. Ein Notendurchschnitt von 1,0 bis 1,2 ist dafür in allen Bundesländern Voraussetzung. Schaffen Sie es, sich einen der begehrten Plätze zu sichern, erwarten Sie im Studium folgende Abschnitte: Vorklinik (2 Jahre) inklusive Abschluss durch das Physikum, Klinik (3 Jahre) mit der Abschlussprüfung Hammerexamen und das anschließende praktische Jahr (1 Jahr). In den letzten Semestern erstellen Sie dann Ihre Doktorarbeit. Entgegen der allgemeinen Annahme können Sie auch ohne Doktortitel ein guter Arzt werden. Ein geringeres Ansehen ist daher nicht unbedingt gerechtfertigt. Die Doktorarbeit sagt schließlich nichts darüber aus, wie gut Sie Patienten behandeln können. Dennoch liegt der Anteil unter den Humanmedizinstudenten, die nach ihrem Studium auch promovieren, bei knapp 60 Prozent.
2. Assistenzarzt (5-6 Jahre)
Nach dem Studium und Ihren Abschlussprüfungen erhalten Sie Ihre Approbation und dürfen offiziell den Berufstitel Arzt tragen. Nach erfolgreich abgelegter Doktorarbeit dürfen Sie auch den Titel Doktor tragen. Und schon können Sie Ihre Karriere als Assistenzarzt beginnen. Die Assistenzarztausbildung dauert fünf bis sechs Jahre. Meist versorgen Sie auf einer Station im Krankenhaus Patienten, führen Untersuchungen durch, nehmen Patienten auf, nehmen Blut und Proben ab und erproben sich im Arbeitsalltag. Nur bei komplexeren Fällen ziehen Sie Fach- oder Oberärzte zu Rate. Während Ihrer Zeit als Assistenz schließen Sie die Weiterbildung zum Facharzt ab. Das ärztliche Fachgebiet, zum Beispiel Innere Medizin, Neurologie oder Urologie, wählen Sie gemäß dem Weiterbildungskatalog der Ärztekammer. Schließen Sie diese Ausbildung inklusive Facharztprüfung erfolgreich ab, dürfen Sie sich Facharzt nennen.
3. Facharzt (mehrere Jahre)
Als Facharzt können Sie sich dann direkt in Ihrer eigenen Praxis niederlassen. Sie können eine Praxis übernehmen oder eine neue gründen. Doch wenn Sie Oberarzt oder Chefarzt werden wollen, sollten Sie als Facharzt in einer Klinik bleiben und Berufserfahrung sammeln. Sie können eine Position als Stationsarzt auf der Station einnehmen, auf deren Fachgebiet Sie auch spezialisiert sind. Dort führen Sie Untersuchungen und Behandlungen an Patienten durch, erstellen Behandlungspläne und entscheiden über Medikationen. Immerhin gehört zu den enorm umfangreichen Studieninhalten neben Allgemeiner Medizin auch Pharmakologie.
4. Oberarzt (mehrere Jahre)
Steigen Sie nach mehreren Jahren als Facharzt schließlich zum Oberarzt auf, haben Sie eine leitende Position inne, darunter die fachliche Führung der Fachärzte Ihres Bereiches. Sie nehmen auch andere Leitungs- und Führungsaufgaben wahr. Sie koordinieren und verantworten Ihren gesamten Bereich. Außerdem führen Sie Assistenzärzte auf Ihrer Station und beteiligen sich an deren Ausbildung. Hierarchisch stehen Sie im Krankenhaus also über dem Stationsarzt, Facharzt und Assistenzarzt. Welche Kriterien Sie dafür allerdings erfüllen müssen, außer vorher Facharzt gewesen zu sein, ist nicht genau definiert und liegt auch im Ermessen der einzelnen Kliniken. Eine Bedingung kann eine der 47 Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildungen der Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer sein, darunter Qualitätsmanagement oder spezielle Gebiete wie Tropenmedizin. Vor allem, wenn Sie später Chefarzt werden möchten, müssen Sie Erfahrung in diesen Aufgaben sammeln. Dazu kommen Erfahrung in der Forschung, Sonderarbeiten und oft auch der Erwerb eines Professorentitels. Das dauert natürlich einige Jahre und verlangt Ihnen wirklich so Manches ab. Neben der Work-Life-Balance, die Sie halten sollten, müssen Sie auch die Balance zwischen Ihrem Tagesgeschäft als Oberarzt und dem Voranbringen Ihrer Karriere schaffen. Ein Chefarzt muss sich wirklich sehr oft beweisen. Doch der Weg lohnt sich natürlich.
5. Chefarzt
Arzt ist ein sehr hoch angesehener Beruf. Doch Chefarzt eben noch ein bisschen höher als Assistenz- oder Oberarzt. Analog verhält es sich mit Ihrem Gehalt. Wenn Sie also endlich alle ärztlichen Karrierestufen bewältigt haben, können Sie sich um eine Position als Chefarzt bewerben. Das Gute daran ist, dass der Job als Chefarzt nicht offiziell definiert ist. Erfüllen Sie alle gängigen Bedingungen, waren also jahrelang leitender Oberarzt und können entsprechende Weiterbildung und Erfahrung in der Forschung vorweisen, haben Sie gute Chancen auf den Chefarztposten. Doch je nach Klinik können die Anforderungen und vor allem die Aufgaben ganz anders sein. Sie können einen Bereich oder gleich eine ganze Klinik leiten. In beiden Fällen müssen Sie sich als herausragender Manager beweisen.
Grundsätzlich sind die freien Positionen stark begrenzt und die Anforderungen aufgrund der hohen Konkurrenz exorbitant hoch. Ein Professorentitel oder langjährige Berufserfahrung sind oft nichts Besonderes mehr. Belastbarkeit ist eine Grundvoraussetzung. Das kennen Sie aber sowieso schon aus dem Studium und dem Arzt-Alltag. Die zunehmende Kommerzialisierung medizinischer Einrichtungen tut ihr Übriges und verlangt von Chefärzten immer mehr wirtschaftliches Denken und Management-Talent. Schließlich muss eine Klinik nicht nur gut, sondern auch wirtschaftlich und profitabel sein.
Als Chefarzt operieren Sie daher weniger an Patienten und mehr an Kennzahlen und Berichten und überwachen alle Finanzen des Hauses. Gleichzeitig müssen Sie in diesem Profit Center auch die medizinische Qualität der Klinik auf ein hohes Niveau führen und dieses konstant halten. Ein richtiger Spagat. Und das alles bitte bei einem durchweg guten Image – denn nur ein gutes Image verhilft auch zu guten Zahlen. Dazu gehören zufriedene Patienten, eine zufriedene Belegschaft und oft auch zufriedene Investoren. Ihre Termine umfassen Chefarztvisiten, komplexe Operationen, Personalgespräche, Konferenzen, Vorträge, Assistenzart-Prüfungen und PR-Termine. Nicht nur das f, sondern jeder Buchstabe in dem Wort Chefarzt muss also für Flexibilität stehen. Als Chefarzt sind Sie für Ihren Bereich also Mediziner, Stratege, Manager, Leader und sympathischer Repräsentant.
Vorteile als Chefarzt
In kaum einem Beruf haben Sie so viel Selbstbestimmung wie als Chefarzt. Doch Sie tragen auch eine Menge Verantwortung. Für Ihre eigene Arbeit, die medizinische Qualität und die strukturellen Abläufe. Dabei sind Sie in der Regel nur noch dem ärztlichen Direktor unterstellt. Außerdem hört Ihre Weiterbildung auch als Chefarzt niemals auf: Sie eignen sich mehr und mehr Management-Skills an und bleiben parallel dazu auch medizinisch immer auf dem neuesten Stand. Sie lesen Fachliteratur und -magazine, besuchen Vorträge und halten oft auch selbst welche.
Mit großer Verantwortung kommt oft auch ein großes Gehalt. Während die Entgelte von Assistenz-, Fach- und Oberärzten tariflich geregelt sind, ist das von Chefärzten individuell verhandelbar. Im Kienbaum-Vergütungsreport 2018 Ärzte, Führungskräfte und Spezialisten in Krankenhäusern zum Beispiel wird ein durchschnittliches Jahresgehalt von Chefärzten in Höhe von 292.000 Euro brutto genannt. Das ist oft das Doppelte von dem, was ein Oberarzt verdient. In größeren Kliniken erhalten Chefärzte oft sogar über 500.000 Euro plus diverse Zusatzleistungen und Boni. Das ist eine stolze Summe! Dabei sind die Arbeitszeiten nicht streng geregelt, Sie tauchen in keinem Schichtplan auf und müssen auch keine Bereitschaftsdienste mehr selbst absolvieren. Bedenken Sie aber, dass in dem guten Gehalt oft sehr viele Stunden abgegolten sind – nicht selten 60 Stunden und mehr pro Woche. Ob Hippokrates diesem Druck standgehalten hätte? Jedenfalls hätte er sicher gern den Titel Chefarzt getragen. Und so unglaublich es klingt: Viele Chefärzte haben zusätzlich dazu noch Nebentätigkeiten. Ein klassischer Fall von Beruf als Berufung eben.
Um noch mehr über die Arbeit im medizinischen Bereich zu erfahren, sollten Sie sich die passende Folge zu diesem Thema im F.A.Z.-Podcast „Beruf & Chance“ anhören.