Beruf: Geisteswissenschaftler

Von Ihrem Studium versprechen sich Absolventen zurecht gute Karrierechancen. Schließlich sind sie in mehreren Jahren des Studierens Experten auf einem oder sogar mehreren Gebieten geworden. Bereit, ihr Wissen in der Berufswelt einzubringen, gehen sie auf Jobsuche. So unterschiedlich die Studiengänge sind, die man belegen kann, so vielseitig sind dann auch die Möglichkeiten nach dem Abschluss. Anders als für Naturwissenschaftler liegen die Berufsbezeichnungen hier manchmal nicht ganz so nah. Dennoch sind Sozial- und Geisteswissenschaftler in allen Branchen gefragter denn je, gelten Sie doch als Generalistinnen und Generalisten. Ihr früherer Ruf als ewige Studierende ohne Zukunftsaussichten wird Ihnen also längst nicht mehr gerecht. Wie Sie als Geistes- und Sozialwissenschaftler ins Berufsleben einsteigen, welche Jobs nahe- und welche nicht ganz so naheliegen.

Was sind Geistes- und Sozialwissenschaften?

Die Geistes- und Sozialwissenschaften haben es sich zum Ziel gemacht, kulturelle und historische Phänomene zu untersuchen. Wer sie studiert, analysiert Fragestellungen oder Ereignisse und interpretiert diese anhand des großen Fachwissens, das er sich vorab aneignen muss. Laut Duden ist eine Geisteswissenschaft als Lehre definiert, die sich mit den verschiedenen Gebieten der Kultur und des geistigen Lebens auseinandersetzt. Dazu zählen Geschichte, Kunst- und Musikgeschichte, Literaturwissenschaft oder auch die Philologie. Sozialwissenschaften werden auch Gesellschaftswissenschaften genannt und untersuchen die Phänomene des gesellschaftlichen Zusammenlebens von Menschen. Solche Studiengänge sind unter anderem Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Medienwissenschaft, Soziale Arbeit, oder Betriebs- und Volkswirtschaftslehre.

Der beste Tipp: Offen sein

Absolventen dieser Wissenschaften haben ein umfangreiches Allgemeinwissen, da sie im Studium viel lesen und verschiedene Bereiche beleuchten. Sie gelten als überaus lernfähig und fleißig. Wenn Sie also im wissenschaftlichen Arbeiten geübt sind, können Sie nach dem Studium dank Ihrer Methodenkompetenz als Allrounder auch in fachfremden Gebieten eingesetzt werden. Trauen Sie sich, neue Gebiete zu betreten, selbst wenn es nur dem Einstieg dient. Zwar empfiehlt es sich grundsätzlich, sich schon im Studium auf einen Fachbereich zu spezialisieren. Dann können Sie als studentische Hilfskraft schon Kontakte knüpfen und Erfahrungen sammeln. Vor allem innerhalb der Hochschule sollten Sie sich vernetzen, wenn Sie später promovieren möchten. Auch Weiterbildungen oder Zusatzqualifikationen können Sie perfekt auf Ihren späteren Karriereweg abstimmen und sich auf Bewerbungen für einen konkreten Beruf konzentrieren. Oder aber Sie streuen Ihre Qualifikationen und machen verschiedene Weiterbildungen. Wer sich alle Optionen offen hält und auch bereit ist, Kompromisse einzugehen, dem könnten sich nach dem Abschluss unerwartete Chancen auftun.

Manche Jobs sind besonders beliebt und daher nicht ausreichend für die Vielzahl der Bewerber vorhanden. Vor allem für sogenannte Nischen- oder Orchideenwissenschaften könnten auch gar keine Jobs offen sein, wenn sie besonders speziell und nur vereinzelt gefragt sind. Offen sein lohnt sich also, denn dann öffnen sich auch viele Türen. Je breiter Sie Ihr Interesse streuen, desto leichter finden Sie auch einen Job als Geisteswissenschaftler.

Beliebte Jobs für Geistes- und Sozialwissenschaftler

Zu dem Zeitpunkt, als Sie sich für ein Studium einer Geistes- oder Sozialwissenschaft entschieden haben, hatten Sie vielleicht schon ein konkretes Berufsbild vor Augen, das Sie später einmal ausüben wollten. Oder Sie haben das Studium begonnen, weil es Sie vor allen Dingen interessiert und erfüllt. Wo die Reise dann hingeht, würde sich schon zeigen. So oder so, ein Job nach dem Studium muss erst einmal gesucht werden. Das riesige Spektrum an Berufen, zu denen Sie mit Ihrem Abschluss passen, kann geradezu überwältigend sein.

Die häufigsten Orte, an denen Geistes- und Sozialwissenschaftler arbeiten, sind klassische Einrichtungen wie Forschungsinstitute, Universitäten und Hochschulen, Medieninstitute und -anstalten, Museen, Bibliotheken und Verlage. Manche Jobs liegen besonders nahe, etwa Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Ihrem Fachbereich zum Beispiel an der Hochschule, an der Sie auch schon studiert haben. Andere sind fachfremd, wenn Sie zum Beispiel Kurator in einem Kunstmuseum werden, obwohl Sie Geschichte studiert haben. Für den Quereinstieg bietet es sich übrigens auch an, die Wahl Ihrer Nebenfächer oder eines zweiten Studiengangs auf den ersten abzustimmen, um sich einzeln – oder noch besser in Kombination – zusätzliche Möglichkeiten offen zu lassen, in dem Fall zum Beispiel mit Kunstgeschichte oder Kunstwissenschaft.

Fachfremd arbeiten: Keine Schande, sondern eine große Chance

Als Absolvent einer Geistes- oder Sozialwissenschaft steht Ihnen nahezu die ganze Arbeitswelt offen. Viele Unternehmen suchen bewusst Geisteswissenschaftler für Industrie und Handel, weil sie an ihnen die Lernfähigkeit, das Allgemeinwissen und eine gewisse Empathie schätzen. Nicht ohne Grund sind Geisteswissenschaftler aktuell laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft von 2019 gefragter denn je. Doch die entsprechenden Jobs verbergen sich in aller Regel zwischen den Zeilen. Die meisten Stellen sind gar nicht so ausgeschrieben, da ein Abschluss in geisteswissenschaftlichen Fächern Sie nur selten direkt für einen Beruf qualifiziert. Das heißt, Sie lesen im Anforderungsprofil nichts von einem Abschluss in Geistes- oder Sozialwissenschaften, sondern eher in BWL oder VWL. Dennoch sind Ihre Chancen gut, wenn Sie sich bewerben.

Viele Geisteswissenschaftler brillieren im Personalwesen oder der Unternehmenskommunikation großer Firmen, im Consulting, bei Versicherungen, in Social Media oder im Öffentlichen Dienst. Auch in Stiftungen, im Theater oder im Tourismus werden Menschen mit großer Verstehens- und Vermittlungskompetenz gesucht. Sogar ein Quereinstieg als Lehrer ist möglich. Von wegen also, Philosophiestudenten würden später Lehrer oder Taxifahrer und könnten in Ihrem Bereich keinen Job finden. Man sollte die Variationsbreite der Jobs und Branchen von Geisteswissenschaftlern vielmehr als Vorteil sehen. Immerhin arbeitet gut die Hälfte der Geisteswissenschaftler später in Berufen ohne erkennbaren Bezug zu Ihrem Studium. Zumindest nicht auf den ersten Blick.

So finden Sie den richtigen Job

Um herauszufinden, was Sie wollen und welcher Job am besten zu Ihnen passt, sollten Sie sich erst einmal darüber klar werden, wer Sie sind und was Sie können. Analysieren Sie Ihre Qualifikationen und Kompetenzen. Haben Sie zum Beispiel Geschichte studiert? Dann haben Sie sicher eine hohe Aufnahme- und Analysefähigkeit. Suchen Sie in Stellenanzeigen nicht nach Ihrem Studiengang, sondern nach Attributen, die Sie mitbringen, und zeigen Sie das bei Ihrer Bewerbung. Natürlich sollten die fachlichen Kenntnisse nicht zu weit vom Anforderungsprofil abweichen. Doch es geht auch darum, welche Techniken und Arbeitsweisen Sie bereits beherrschen. Deswegen hilft eine ausgefuchste Fächerkombination im Studium später immer auf dem Arbeitsmarkt.

Auch Zusatzqualifikationen können der Schlüssel sein, etwa Praktika, Zertifikate, IT-Kenntnisse, Fremdsprachenkenntnisse und Berufserfahrung zum Beispiel als studentische Hilfskraft. Wenn Sie während des Studiums schon solche Qualifikationen erwerben konnten, haben Sie dabei idealerweise auch schon ein kleines Netzwerk aufgebaut und können zusätzlich von Kontakten profitieren. Innerhalb des Netzwerks besteht immer auch ein verdeckter Arbeitsmarkt – Sie könnten früher von offenen Stellen erfahren und durch Bekannte dafür ins Gespräch kommen. Betreiben Sie aber mindestens eine eigene Marktanalyse unter Ihren Kontakten und fragen Sie diejenigen nach Tipps oder Erfahrungen, die in der Position oder der Branche arbeiten, in die Sie auch möchten. Offene Stellen für Geistes- und Sozialwissenschaftler finden Sie zum Beispiel beim FAZ Stellenmarkt.

Wer sich weiterbildet, kommt weiter

Wenn Sie merken, dass Ihnen Inhalte fehlen, um endlich Ihren Traumjob zu bekommen, können Sie in einem neuen Job auch Weiterbildungen machen. Kommen Sie erst gar nicht so weit und sind nach dem Abschluss zunächst auf Jobsuche, sollten Sie diese Zeit erst recht für Weiterbildung nutzen. Lesen Sie Fachbücher und Ratgeber zu den Themen Excel, Outlook oder Business-Englisch. Bei Thalia finden Sie online viel Literatur für den Berufseinstieg und die Weiterbildung. Alternativ können Sie Online-Kurse und Jobcoachings belegen. Die Agentur für Arbeit stellt für arbeitslos Gemeldete unter Umständen Bildungsgutscheine dafür aus. Oder Sie machen umfangreiche Weiterbildungen in BWL oder Projektmanagement, wenn Sie in die Industrie gehen möchten. Das kann auch eine Alternative zum Masterstudium sein, da Sie diesen in der freien Wirtschaft – anders als bei einer akademischen Karriere – nicht unbedingt brauchen und die Zeit daher zielgerichteter mit einer Weiterbildung nutzen können.

Welcher Abschluss ist der beste?

Die Frage nach dem besten Abschluss ist eng mit der Frage verwoben, welcher Job für Sie der Beste ist. Wollen Sie nach dem Studium an der Universität bleiben, sollten Sie auf jeden Fall den Masterabschluss machen. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter oder wenn Ihr Ziel das obere Ende der akademischen Karriereleiter, etwa der Ruf auf den Lehrstuhl ist, werden Sie um Promotion und Habilitation nicht herumkommen.

Obwohl zum Beispiel viele Ingenieure promovieren, ist das in der Wirtschaft jedoch nicht zwingend notwendig. Mit den richtigen Qualifikationen, gerade wenn Sie sich innerhalb des Unternehmens schon durch jahrelange Erfahrung oder erfolgreiche Projekte bewiesen haben, können Sie auch mit dem Masterabschluss hohe Führungspositionen einnehmen. Um einen spannenden Job zu finden – egal in welcher anderen Branche – ist Ihr Bachelorabschluss jedoch ausreichend und dürfte Ihnen so einige Türen öffnen. Viel Erfolg beim Berufseinstieg!

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